Teil 3 der Prof. Lenz & Co-Studie über die Leistungen von wp.net von 2011-2018
Weitere Verschärfung der beruflichen Aufspaltung nach dem Wahlsieg der SmallMediumAuditors (Zeitraum 2011- 2018)
Antwort der Wahlverlierer: Bekämpfung der Wahlsieger
IDW & Big4 bekamen 2010 Ihr Wunschwahlrecht (Mehrheitswahlrecht) und mit dem Wahlergebnis im Juli 2011 von den SMA-Wählern die Quittung für die Verweigerung des Verhältniswahlrechts. Big4 & Friends waren ab Sept. 2011 nicht mehr im Beirat der Wirtschaftsprüferkammer vertreten. Das Wahlergebnis war für die Big4 nicht akzeptabel und erforderte Maßnahmen seitens der Wahlverlierer.
Dass die Big4 nicht mehr in der WP-Kammer vertreten waren, war allein auf die Arroganz ihrer Vertreter zurückzuführen. Denn Big4-Präsident Prof. Pfitzer und Beiratsvorsitzer Herr Ulrich forderten ausdrücklich das Mehrheitswahlrecht. Herr Ulrich verweigerte sich einer gemeinsamen Liste bestehend aus IDW und wp.net. Nun haben sie das Wahlergebnis bekommen, dass sie wohl der Gschrei-Liste wünschten.
Nur einen Monat nach ihrer Wahlniederlage sicherten sich die Wahlverlierer die weitere Unterstützung der WPK-Geschäftsführung. Präsident Prof. Pfitzer und seine Vorstandskollegen verlängerten kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit die Kündigungsfristen der beiden Geschäftsführer von bislang einem Jahr auf fünf Jahre.
Dieser Deal wurde geheim gehalten und wurde erst Ende November 2011 an den Präsidenten Gschrei „durchgestochen“.
Diesen Grund nannte ein Geschäftsführer gegenüber dem neuen Präsident Gschrei. Dies sollte wohl heißen, den neugewählten Vorstand und Beirat an die Ketten legen, wenn sie nicht freiwillig, das tun, was die Geschäftsführer als IDW/Big4-Statthalter möchten.
Was damit gemeint war, bekam die WP-Gschrei-Liste in ihrer Bilanz im Sommer 2014 serviert: Die bisher herrschenden und 2011 abgewählten Feldakteure (IDW & Big4) legten mit der fünfjährigen Unkündbarkeit der Geschäftsführer die Grundlagen, dass in den drei Jahren (2011 bis 2014) keine einzige der wp.net-Forderung umgesetzt wurde. Falls doch eine Forderung "umgesetzt" wurde, dann entsprach das Ergebnis dem Wunsch der abgewählten Feldakteure. So geschehen bei der Einrichtung des Verhältniswahlrechts. Das Wahlrecht wurde ohne die von wp.net geforderten strengen Spiegelbildlichkeit beschlossen und versperrte nach der Wahl 2014 dem wp.net-Kandidaten die Mitwirkung im WPK-Vorstand und in der Kommission für Qualitätskontrolle.
Viele Seitenwechsler im Beirat und Vorstand bedrohen wp.net
Der wp.net-Kongress Mitte Oktober 2011, die wp.net-Mitgliederversammlung und die 50. Jahrfeier der WPK im November 2011 sorgten erstmal für etwas Ruhe an der Streitfront. Gschrei führte mit allen vier großen Gesellschaften Gespräche, um Ihnen die Reformen und die Ziele von wp.net zu erläutern. Am 1.Jan 2012 brach jedoch im Vorstand der Sturm gegen Gschrei los. Anlass war die Veröffentlichung der hinterhältigen Vertragsverlängerung für die beiden WPK-Geschäftsführer.
Die wp.net-Frauen im WPK-Vorstand hatten Verständnis für diese Maßnahme, nicht aber für die Veröffentlichung durch Gschrei.
Wahnsinn Nr.1:
Freiwillige Abgabe der Berufsaufsicht über die Big4 an APAK-Big4-Alumni
Mit dem Wahlsieg errang wp.net auch die WPK-Berufsaufsicht über die Big4. Jährlich waren die Untersuchungsberichte der APAK-Sonderuntersuchung von der WPK-Vorstandsabteilung Berufsaufsicht zu würdigen. Damit wurde für die Big4 ein Worst-case-Szenarium Realität. Die Beurteilung der jährlichen Sonderuntersuchungs-ergebnisse der Börsenprüfer durch die SMA-Praxen. Dies sollte so schnell wie möglich geändert werden. Aber wie, wenn der Gesetzgeber die WPO nicht ändert. APAK/WPK-Geschäftsführung wollten die interne Lösung.
Nur einige Monate nach seinem Amtsantritt wurde dem Präsidenten von der WPK-Geschäftsführung und vom APAK-Chef Spindler die Lösung dazu vorgelegt. Danach sollte die Organisation der Aufsicht über die Sonderuntersuchung (SU) organisatorisch auf die APAK übertragen werden.
Präsident Gschrei lehnte das auch vom wp.net-Anwalt als gesetzeswidrig beurteilte Vorgehen wiederholt ab. Dieser Widerstand gegen die Abgabe der Sonderuntersuchung lies ab Januar 2012 die Lage eskalieren. Immer mehr frühere Mitstreiter*innen von Gschrei wechselten auf die Seite der WPK-Geschäftsführung und APAK. Anfang Februar 2012 stand nur noch ein wp.net-Vorstandsmitglied auf der Seite von Gschrei.
Wahnsinn 2:
Die wp.net-WPK-Vorstände unterstützten die Vertragsverlängerung der WPK-Geschäftsführung
Nach Bekanntwerden der Vertragsverlängerungen für die beiden Geschäftsführer durch den abgewählten Vorstand und meine Weigerung zur Übertragung der Sonderuntersuchung auf die APAK, wurden Anfang Jan. 2012 wp.net-Kollegen und Kolleginnen aus dem WPK-Vorstand gegenüber Gschrei deutlicher.
Auch der Beiratsvorsitzer, den Gschrei auf dem wp.net-Kongress im Oktober 2011 durch seinen Rücktritt zum alleinigen wp.net-Chef erhob, wandte sich ab Dezember 2011 ebenfalls gegen den Präsidenten. Im Jan. 2012 nannte er seine Beweggründe, dass er schon immer seinen eigenen Weg gegangen sei. Damit meinte er wohl die Zeit, als er in wp.net neben Gschrei ganz nach oben aufsteigen durfte.
Der Großteil der wp.net-WPK-Vorstands- und einige Beiratsmitglieder diskutierten, wie man Präsident Gschrei zum Rücktritt bewegen könnte.
Ein hohes WPK-Vorstandsmitglied fasste sich ab Mitte Januar 2012 ein Herz und schrieb sich in zwei Mails an Gschrei seinen Kummer und Wunsch vom Herzen: Er möchte der neue WPK-Präsident werden. Gründe: Das Verhältnis zur APAK ist angespannt, das zur Geschäftsführung wird gerade aufs Spiel gesetzt, das Verhältnis des Präsidenten zum Beiratsvorsitzer und zur Vize-Präsidentin ist zerrüttet, große Teile der WPK-Vorstände sind unzufrieden mit dem Präsidenten. Nach einer Woche fasst das Vorstandsmitglied nach: „…Es hat sich herausgebildet, dass die Vorstände und der Beirat auf keinen Fall mit mir als Präsidenten weiter machen wollen, und diejenigen, die den Posten (Präsidenten) haben wollen, umstritten sind bzw. für nicht fähig erachtet werden, habe ich mich heute nach langem Kampf mit mir selbst bereit erklärt, dies zu tun, wenn Du zustimmst“.
Waren es am Anfang des Jahres nur die drei weiblichen WPK-Vorstände und einige Herren, die die „Mobbingarbeit“ für die APAK und die WPK-Geschäftsführung machten, blieben Ende Jan. 2012 von den neun WP-Vorstandskollegen nur noch ein Kollege übrig, der nicht gegen den WPK-Präsidenten kämpfte.
Ursachen zum Rücktritt sind genug gelegt, nun braucht es noch einen Anlass
Massiv trieben die Geschäftsführung und der APAK-Chef die Übergabe der APAK-Sonderuntersuchung auf die APAK voran. Am 9. März 2012 sollte der Vorstand und am Tag darauf der Beirat darüber entscheiden. Zu meiner großen Überraschung stimmten alle meine neun WP-Vorstandskollegen der (rechtswidrigen) Übertragung an die APAK zu. Am nächsten Tag gab Gschrei in der Beiratssitzung sein Präsidentenmandat zurück
Gschrei nutzt die neue Freiheit zum Wiederaufbau von wp.net
Unterstützt vom langjährigen Kooperationspartner Dirk Hildebrandt wurde des Quorum für eine außerordentliche Mitgliederversammlung organisiert. Am 12. Juni 2012 wurde das Amt des Geschäftsführenden Vorstands von wp.net mit über 80% Zustimmung in einer denkwürdigen Versammlung in Frankfurt wieder in die Hände von Gschrei gelegt. Fortan nutzten die ehemaligen wp.net-Vorstandsmitglieder in der WPK ihre Macht, um den Vertretern des wp.net, das berufliche und politische Leben schwer zu machen.
Ein letztes Aufbäumen lieferte eine kleine Minderheit auf der ordentlichen Mitgliederversammlung im Dezember 2012 in München. Einige verbliebene Widerständler hofften Gschrei zum Rücktritt bewegen zu können. Die „Initiatoren dieses „Coupés“ hatten immer noch nicht verstanden, dass für Gschrei das Amt des Kammerpräsidenten nicht vergleichbar ist mit dem Amt des wp.net-Chefs. Nach einer einstündigen Aussprache war der Spuk von einem weiteren Umsturzversuch vorüber. Die gescheiterten Umstürzler verließen nicht nur den Versammlungsraum, sondern auch wp.net. Ab 2013 startete wp.net wieder durch.
Fortan scheinen die ehemaligen wp.net-Vorstandsmitglieder ihre Macht in der WPK nutzen zu wollen, den Vertretern von wp.net, auch mit Unterstützung der WPK-Geschäftsführung das berufliche Leben schwer zu machen. Gschrei bringt Transparenz über die Kammer-Beiratssitzungen. Der WPK-Vorstand rächte sich. Höhepunkt war die 2013 erteilte berufsaufsichtliche Rüge gegen Michael Gschrei durch die ehemaligen wp.net-Mitstreiter im Kammervorstand. Da diese "Strafaktion" ohne Rechtsgrund erteilt, wurde sie später vom LG Berlin wieder einkassiert. Gschrei/Stuhr nannten diese Rüge in ihrem Aufsatz im wp.net-Journal 15 „Das APAK-Debakel“.
Ab Jan. 2013 war nur noch der im April 2012 für den zurückgetretenen Kollegen Thies Wöllecke, gewählte Dr. Alexander Vieler für wp.net im WPK-Vorstand. Auch im Beirat hatte wp.net keine Mehrheit bei Abstimmungen mehr, weil dort auch die neun vBP-Vertreter des DBV einige Ziele verfolgten.
Nach drei Jahren Kammerarbeit entdecken wir den Sinn der bis 2016 unkündbaren WPK-Geschäftsführerverträge
Nach dem Ausscheiden von Gschrei beschäftigten sich die Gremien zwar weiter mit den wp.net-Wahlprogrammen. Eine Umsetzung der Programme war für uns nicht zu erkennen. Wie von Gschrei befürchtet, scheiterten alle Initiativen von wp.net (z.B. echte skalierte Abschlussprüfung, verhältnismäßige Qualitätskontrollsystem für die SMAs, eine verbindliche Honorarordnung für gesetzliche Abschlussprüfungen, Maßnahmen zur Erhöhung der Transparenz des Aufsichtssystems, usw.).
Die einzige Initiative von wp.net, die teilweise erfolgreich war, war eine Reform des Beirats-Wahlsystems. Diese Änderung sollte die Big4-Vertreter wieder die Tür in den Beirat der WPK öffnen. Denn bei dem „The Winner-takes-it-all-System“ hätte in Zukunft immer wp.net die absolute Mehr bekommen.
Leider ist den wp.net-Vertretern im Ausschuss dabei ein skandalöser Fehler unterlaufen. Statt das Verhältniswahlrecht mit der von wp.net geforderten stringenten Spiegelbildlichkeit der Gremienbesetzung (Vorstand, KfQK, Ausschüsse, etc.) zu formulieren, legte der Ausschuss (wohl) mit Unterstützung der Geschäftsführung dem Beirat nur einen Wunschzettel für die Gremienbesetzung vor und keine Satzungspflicht. Dies wurde dem Beirat nicht erzählt. Damit hat sich wp.net selbst um Vorstandsplätze oder Sitze in der KfQK nach den Wahlen 2014 gebracht.
Überraschenderweise blieben auch alle Berufsaufsichtsfälle aus der Zeit der Finanzkrise (z.B. HRE-Bilanzskandal 2007) in der WPK-Berufsaufsicht hängen und wurden nicht an das ordentliche Gericht abgegeben. Man kann daraus schließen, dass die WPK, mit Zustimmung der APAK und der Generalstaatsanwalt all diese Fälle nur als mittelschwere Fälle und nicht als schwere Fälle einstuften. Damit verblieben die Fälle zur Sanktionierung in der WPK-Berufsaufsicht und die Mängel der Prüfungen gelangten nicht an die Öffentlichkeit.
Kurz vor Beginn des Wahlkampfes 2014 startet Dirk Hildebrandt mit seinem Wirtschaftsprüfungs-Online-Portal. Damit sind die WP/vBP-Berufsangehörigen nicht mehr auf die „sog. offizielle“ Presseberichterstattung angewiesen. Die Hauptthemen drehen sich um
- die APAS/APAK und ihre Berufsaufsicht
- die WPK und ihre Berufspolitik
- das weltweite Treiben der Big4
- die Prüferskandale.
Mit den WPWATCH-Artikeln durch den wp.net-Kooperationspartner Hildebrandt sehen sich die angesprochenen Gruppen einer bislang ungewohnten Öffentlichkeit ausgesetzt.
Lange Zeit beherrscht die Aufdeckung der hohen ehrenamtlichen Vergütungen an die APAK-Mitglieder (1.500 € ab 4 h Sitzungsdauer) die Diskussion. Die Berichterstattung kratzt am Image des APAK-Ehrenamtes. Die Börsenzeitung berichtet am 31.01.14 über den Versuch, das APAK-Verhalten zur rechtfertigen: Kammer bricht Lanze für Prüferaufsicht. Auch der Anfang 2021 entlassene APAS-Chef bekommt „viel Fett weg“.
Die Wahl 2014 - nun eine Verhältniswahl - ist gekennzeichnet von einer hohen Anzahl an Wahllisten (vier Big4-, die IDW/DStV-Liste unter dem Namen von Prof. Herzig-Liste und die Hoffmann-Liste traten an gegen die WP-Gschrei-Liste bei den Wirtschaftsprüfern. Dazu gab es drei vBP-Listen (wp.net-Eschbachliste), die DBV- und der DStV-Liste.
Das IDW stellte mit der Herzig-Liste eine Mannschaft aus IDW- und DStV-Leuten zusammen. Neben acht ehemaligen wp.net-Kandidaten*innen aus 2011 befanden sich IDW-Mittelständler auf der Liste und DStV-Kandidaten. Ein Teil der abtrünnigen 2011´er wp.net-Kandidaten bekam keinen Platz auf der Herzigliste und versuchten auf der Hofmannliste ihr Wahlglück. Hier waren 10 von 17 Kandidaten*innen 2011 bereits auf der Gschrei-Liste.
Offiziell unterstützte das IDW keine Kandidatenliste. Es organisierte jedoch „im Hintergrund“ den Wahlkampf des WP-Listenführers Prof. Herzig und stellte die Liste zusammen. Gegenüber einem befreundeten Professorenkollegen gestand Prof. Herzig ein, dass „bei der Auswahl der Kandidaten für seine Liste die Federführung beim IDW und dem Deutschen Steuerberaterverband lag. Nähere Auskunft über seine Liste kann dazu Herr Hamannt (Geschäftsführender Vorstand des IDW, Anm. Verf.) geben“.
Die Lenz-Studie stellt fest: Ähnlich wie in den Vorjahren konzentrierte wp.net seine Kampagnenstrategie auf die De-Legitimierung der Big-4-Gesellschaften, indem es die Stimmabgabe als einen Akt "demokratischer Zivilcourage" darstellte und behauptete, dass das dominante System, das von der WPK und den Regulierungsbehörden geführt wird, Merkmale einer "illegitimen Tyrannei" aufweist. Dies ermöglichte es wp.net, sich als Bollwerk gegen die von den internationalen Big4-Praxen eingeleitete Kommerzialisierung und sich als die einzig wahren Vertreter des freien WP-Berufs zu positionieren.
Zum ersten Mal definierten verschiedene Parteien unterschiedliche Richtungen für den Berufsstand. Der scheinbar homogene WP-Berufsstand wurde in heterogene Untergruppen aufgeteilt und mit unterschiedlichen Kandidaten für sich repräsentieren ließ: Die SMAs durch wp.net, größere mittelständische Praxen durch das IDW und jede Big-4-Gesellschaft für sich.
Fast 56% der Mitglieder nahmen an der Wahl 2014 teil, ein deutlicher Anstieg gegenüber früheren Wahlen, rund 10% mehr als 2011. Obwohl die Kandidaten von wp.net die meisten Stimmen erhielten (37%), bildeten die Big4 (30 %) und die Herzig-Liste (30 %) eine Koalition und gewährten wp.net keinen einzigen Sitz im Vorstand der WPK oder in der Kommission für Qualitätskontrolle (WPK-Magazin 3/2014). Dies war die böse Folge der nicht stringenten Umsetzung der Wahlrechtsreform 2013. Dies führte zu einem jahrelangen Rechtsstreit vor den Verwaltungsgerichten.
Erneut in der Opposition, führte wp.net in den nächsten vier Jahren ständige Angriffe auf die WPK-Führung durch. wp.net positionierte sich als die demokratische Stimme der SMAs, die in einem von Blockparteien regierten System gefangen sind, und verglich das Bündnis zwischen den Big 4 und den "Gemeinsam für Alle"-Vertretern mit der ehemaligen kommunistischen Partei Deutschlands (Block-Parteien).
Darüber hinaus forderte wp.net, endlich die Verhältnismäßigkeit des Qualitätskontrollverfahrens für die mittelständischen und die Einzel-Praxen einzuführen. wp.net verlangte, dass die Zuständigkeit für die fachliche Arbeit (z. B. Erlass von Prüfungsstandards und die Übersetzung der ISA-Standards) vom IDW auf die WPK übertragen wird, und schlug vor, die Mitgliedsbeiträge der WPK nach Größe zu differenzieren, um die finanziellen Lasten gerechter zu verteilen. Die Finanzierung der Qualitätskontrolle sollte durch die Abschlussprüfer erfolgen und nicht auf alle Kammermitglieder verteilt werden.
Die Koalition der Big 4 mit den mittelständischen Praxen des IDW reagierte, indem sie sich auf die Werte des Berufsstandes beriefen und wp.net als obstruktiv und berufsstandsunwürdig beschimpften. Sie versprachen, die Einheit des Berufsstandes, die Aufsicht und die bewährte Aufgabenteilung zwischen WPK (Berufsexamen) und IDW (fachliche Arbeit wie z. B. die Festlegung von Prüfungsstandards) beizubehalten.
Während des Wahlkampfs setzte wp.net auf nicht-traditionelle Taktiken, um seine Wähler:innen zu mobilisieren. Zusätzlich zu seinen bisher schon eingesetzten Newslettern machte sich wp.net die Macht des Internets zunutze. Sie erstellte YouTube-Videos nach dem Vorbild eines Hollywood-Filmtrailers. Ein Video stellt die Big 4 als Piraten und Kraken dar, die Geld von den Gerechten nehmen, bevor sie schließlich durch die kollektiven Anstrengungen "normaler" Bürger (der SMAs) besiegt werden.
Zudem sorgten mehrere Artikel in der Finanzpresse (z. B. Becker, Wirtschaftswoche 2018; Jakobs, Handelsblatt 2018) für Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit.
So verglich beispielsweise das Handelsblatt, die führende überregionale Zeitung für Finanz- und Wirtschaftsthemen, den berufsinternen Konflikt mit dem Kampf von David gegen Goliath. Ein Zitat von Gschrei in dem Artikel – „Die anderen haben das Geld, aber wir haben die Mehrheit" (Jakobs, 2018) - stellte wp.net implizit als demokratisch und die Big 4 als „käuflich“ dar.
Bei den Wahlen 2018 standen die zwei wp.net-Listen (WP/vBP) einer großen Zahl von Listen gegenüber: Die vier Big4-Listen, die IDW/DStV-Ziegler-Liste, die Hoffmann- und die Beul-Liste und zwei vBP-Listen.
Trotz den guten Abschneidens fehlten den wp.net-Kandidaten*innen nach der Auszählung zwei Sitze zur absoluten WP-Mehrheit im Beirat (WPK Magazin 3/2018).
Die Lenz-Studie bemerkt dazu:
Der signifikante Anstieg der Stimmen im Vergleich zur Wahl 2014 spiegelte die Unzufriedenheit kleinerer Wirtschaftsprüferpraxen mit der letzten WPK-Führung (Präsident Ziegler) wider, die hauptsächlich aus größeren mittelständischen und Big-4-Wirtschaftsprüfern bestand. Die Wirtschaftspresse bezeichnete das Wahlergebnis als weiteren Beleg für eine Spaltung innerhalb des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer (Giersberg, 2018, 14.07). Der Sprecher des IDW sprach von einer "Zersplitterung wie im Bundestag" und forderte einen neuen „einheitlichen Berufsstand", der bei jeder Prüfung hohe Qualität liefert, um die drohende Zweiklassengesellschaft zu vermeiden (Naumann, 2018). Während es rein rechnerisch möglich gewesen wäre, eine weitere Koalition gegen den Wahlsieger zu bilden, wurde nun wp.net aufgefordert, an „Koalitionsverhandlungen“ teilzunehmen.
In einem Leitartikel nach der Wahl (WPK Magazin 3/2018) teilte der wiedergewählte Präsident Ziegler mit, dass Vertreter aller drei Teilgruppen eine Grundsatzerklärung unterschrieben hätten, die ein erneutes gemeinsames Verständnis auf der Basis gemeinsamer Themen begründe.
Insgesamt verzahnten sich in dieser Phase die vielfältigen Rahmungskonzepte zunehmend, da keine neue hierarchische Ordnung zwischen konkurrierenden Systemen gefunden werden konnte. Das Vorhandensein eines starken und staatlich verordneten Regulierungssystems, das formal von der WPK gesteuert wurde, verhinderte jedoch die Entstehung eines gänzlich anderen Feldes.
In einem Versuch, den Rahmen-Wettbewerb zu beenden, ersetzten IDW, WPK und wp.net den traditionellen Rahmen eines einheitlichen, homogenen Berufsstandes durch ein Verständnis, das die unterschiedlichen Berufssegmente mit unterschiedlichen Berufsverständnissen und Regulierungsanforderungen anerkennt (WP-Freiberuflichkeit gegen WP-Professional Service Firm).
Anstatt zu versuchen, unterschiedliche Auffassungen von beruflicher Arbeit miteinander in Einklang zu bringen, versuchte dieser Prozess der Entkopplung des Rahmens, die jeweilige „berufliche Besonderheit" zu bewahren, um den Konflikt zwischen konkurrierenden Ansprüchen der Wählerschaft zu beruhigen.
Die strategischen Aktionsfelder der deutschen Wirtschaftsprüfung waren schließlich zu einer Reihe von Teilbereichen geworden, die von separaten Berufsverbänden mit unterschiedlichen Auffassungen von beruflicher Arbeit und Identität vertreten wurden.
Die Studie von Prof. Hansrudi Lenz, Dr. Georg Loscher und Dr. Lukas Löhlein über die Reaktionen von wp.net in Zeiten globaler Regulierungs-Anforderungen, wie die Einführung von IDW-Prüfungsstandards oder der IDW/WPK-Qualitätskontrolle, fällt zeitlich mit den Wahlergebnis 2018 zusammen.
Ein großes Lob halten die Autoren für die deutschen Wirtschaftsprüfer aus der Gruppe der Small-Medium-Auditors bereit:
„Im Gegensatz zu früheren Forschungen kann den kleineren deutschen Wirtschaftsprüfern beim Umsetzungsprozess globaler Regulierungen keine Passivität unterstellt werden.“
Mit unseren Worten: Die SMAs haben sich gegenüber den Vertretern der Professional Service Firm behauptet und sind nicht von der Bildfläche verschwunden, wie dies in vielen anderen Staaten seit 20 Jahren zu beobachten war.
FAZIT
Unsere Erkenntnis aus der Prof. Lenz-Studie, 20 Jahren Berufspolitik und den jüngst wieder bekanntgeworden Prüfermängeln (Wirecard-Fall) lautet: Die Abschlussprüfung unter dem Diktat der „Professional Service Firm“ hat versagt. Das Modell „Big4-Abschlussprüfer-Business“ braucht eine Reform an Haupt und Gliedern. Lesen Sie dazu den Aufsatz von Dr. Loscher in der FAZ v. 23.08.2020. Die schleichende Erosion.
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