Werden sich die Richter endlich

Amtsrobe des Bundesverwaltungsrichters

auch mit dem Verfassungsrecht beschäftigen?

Die Revisionsbegründung bringt es an vielen Stellen überzeugend zum Ausdruck: Es richtig war, Revision gegen das Urteil des OVG Berlin-Brandenburg einzulegen.

Mit der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Spiegelbildlichkeit der Vorstandswahlen in der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) wollen die 19 Klägerinnen und Kläger der WP-Gschrei und vBP-Eschbach-Liste der Demokratie in der Wirtschaftsprüferkammer bei der Wieder-Auferstehung Hilfestellung leisten.


     Wer immer noch der Meinung nachhängt, dass mit der Einführung
     der Briefwahlen auch die Demokratie Einzug in die WPK gehalten hätte,
     der sollte die Klagebegründung unseres Rechtsanwalts,

      Herrn Dr. Michael Kleine-Cosack aus Freiburg,

      aufmerksam lesen. Hier einige aufschlussreiche Passagen daraus:

1. Die Mitglieder der Kammern sind gegen die Zwangsmitgliedschaft nur
    unzureichend verfassungsrechtlich geschützt, deswegen kommt dem
    Grundrechtsschutz bei der Betätigung der Kammern durch demokratisches
    Verfahren eine umso größere Bedeutung zu. Denn von einem nennens-
    werten Minderheitenschutz kann in der WP-Kammerpraxis keine Rede sein.

2. Obwohl der WPO-Gesetzgeber die Wirtschaftsprüferkammer und damit
   den 13-köpfigen Vorstand in § 57 Abs. 1 WPO verpflichtet, die Belange
   aller Mitglieder zu vertreten, bleibt diese Gesetzesvorgabe eine leere Formel,
   eine Illusion, wie die Realität in der Wirtschaftsprüferkammer zeigt:

   36,5 % der Wähler der WP-Gschrei-Liste und 33 % der vBP-Eschbach-Liste

     haben faktisch jetzt schon keine Vertreter für die Belange ihre Wähler.
     Weil auch Mehrheitsbeschlüsse des Beirats nicht bindend sind, macht den 
     Einsatz des Beiratsmitglieds für die Belange der Mitglieder zur Farce.

3. Die Aussagen von Demokratiekritikern, dass die repräsentative Demokratie –
    so wie sie sich uns durch die WPK und seine Vorstandsmitglieder vorgelebt
    wird, nur eine Demokratie-Illusion ist. Es wird immer mehr deutlich,
    dass es nur dann Sinn macht, dem Beirat anzugehören,
    wenn man als Liste auch im Vorstand vertreten ist.

 

4. Das Demokratiedefizit wird durch die Änderung der WPO vom 10. Mai 2016
    und der Einfügung von Satz 3 in § 59 Abs. 2 WPO ab der nächsten Periode
    noch größer. Ohne Spiegelbildlichkeit im Vorstand kann von einer
    angemessenen Berücksichtigung der betroffenen Interessen (§ 57 WPO)
    in den Strukturen der Wirtschaftsprüferkammer keine Rede sein.

Nachhilfe in Demokratie
Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig

Aus der Demokratie-Illusion in der Wirtschaftsprüferkammer muss erst noch eine echte Demokratie werden.

5. Die Entscheidung des OVG verletzt Bundesrecht. Fehlt es wie derzeit noch an einer entsprechenden gesetzlichen oder satzungsautonomen Ausgestaltung für ein kollegial verfasstes Verwaltungsorgan, ergibt sich das Gebot der Beachtung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit unmittelbar aus höherrangigem (Bundes)Recht.

 

6. Es bleibt das „Geheimnis“ des OVG, warum bei dem innerhalb der Wirtschaftsprüferkammer entscheidenden Organ des Vorstands die demokratische Spiegelbildlichkeit nicht gelten soll?!

 

7. Der Selbstbestimmungsaspekt bei der funktionalen Selbstverwaltung der Kammer rechtfertigt jedoch nicht, entscheidende Abstriche vom Gebot demokratischer Legitimation vorzunehmen. Erst recht ist kein Grund ersichtlich, warum wegen der Atypizität der Verwaltungsform und der Besonderheit der Betroffenenpartizipation der Grundsatz der Spiegelbildlichkeit in den berufsständischen Kammern wie hier der Wirtschaftsprüferkammer keine Geltung beanspruchen soll.

 

8. Die vom OVG bemühten Argumente zur Idealisierung der funktionalen Verwaltung sind daher - bei allem Respekt – schlicht wirklichkeitsfremd und rechtfertigen keine Abweichungen vom Gebot der kammerinternen Demokratie samt Geltung des Grundsatzes der Spiegelbildlichkeit der Repräsentanz der Zwangsmitglieder.

 

9. Die Prüfung der Vorgaben des Art. 20 GG bei den berufsständischen Kammern erfordert eine fundierte Funktionsanalyse des in Rede stehenden Organs wie hier die des Vorstands der Wirtschaftsprüferkammer. Schließlich ist der Vorstand der WPK das entscheidende bzw. maßgebliche Gremium dieser Selbstverwaltungskörperschaft. Schon deshalb muss er spiegelbildlich zum Gesamtwahlergebnis besetzt werden.

 

10. In der WPK bedeutet dies aber nicht, dass der Vorstand Mehrheitsbeschlüsse beachten muss. Der Vorstand kann es bei der Anhörung bewenden lassen und seine eigenen Vorstellungen verfolgen, wie er dies im Rahmen der Gesetzgebung zur EU-Reform zur Aufsicht über die Abschlussprüfer praktizierte. Der Vorstand hat Geheimabsprachen mit dem Gesetzgeber (BMWi) hinter dem Rücken des Beirats getroffen, wie das Protokoll vom 09. Jan. 2015 belegt. VG und OVG verkennen die entscheidende präjudizierende Funktion des Vorstands der WPK. Dessen Entscheidungen nehmen – wie bei anderen berufsständischen Kammern – die Entscheidungen anderer Gremien, wie hier des Beirats, vorweg.

 

11. Außerhalb des enumerativen Katalogs der Beiratsaufgaben in § 7 Abs. 1 WPK-Satzung besitzt der Vorstand eine Allzuständigkeit nach § 8 Abs. 1 WPK-Satzung, die vom Beirat auch nicht fallweise eingeschränkt werden kann.

 

12. Der unmittelbar demokratisch gewählte Beirat hat auch keinerlei Überwachungsaufgaben gegenüber dem Vorstand; er kann diesem weder Vorgaben machen, noch personelle Konsequenzen erzwingen. Der Beirat hat lediglich das Recht, die laufende Berichterstattung des Vorstands entgegenzunehmen (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 WPK-Satzung) und kann verlangen, dass sich der Vorstand mit einem vom Beirat vorgegebenen Thema befasst (§ 7 I 2 WPK-Satzung), ohne dass er das Ergebnis der „Befassung“ beeinflussen könnte. Die unter anderem vom VG benutzte Floskel vom „Zentralen Entscheidung-sorgan“ trifft daher auf den Beirat der WPK definitiv nicht zu.

 

13.Abweichungen vom Grundsatz der lückenlosen personellen demokratischen Legitimation und damit auch vom Grundsatz der Spiegelbildlichkeit können – unstreitig - nur dann als am Maßstab des Art. 20 I GG gerechtfertigt angesehen werden, wenn sie anderweitig rechtlich wie tatsächlich und letztlich effektiv das mit ihnen verbundene Demokratiedefizit kompensieren.

 

14. Von einem „wirksamen Mitspracherecht der Betroffenen“ und einer „angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Betroffenen“ kann jedoch bei der Vorstandswahl in der Wirtschaftsprüferkammer einfach keine Rede sein.

 

Festzustellen ist daher, dass mangels Beachtung des Gebots der Spiegelbildlichkeit bei den Wahlen zum Vorstand der Wirtschaftsprüfer-kammer die vorhandenen gesetzlichen und satzungsmäßigen Regelungen mit Art. 20 GG nicht zu vereinbaren sind, so dass die hier streitigen Wahlen rechtswidrig und nichtig gewesen sind.

 
Wenn Sie gesamte Revisionsbegründung lesen wollen, dann haben Sie mit diesem Link die Möglichkeit zum Download.