Kreative Buchführung

Mit Tricks verschwindet das APAK-Haushaltsdefizit

 

600.000 Euro einfach weggebucht.

Sparsame Haushaltsführung haben die wp-net-Beiräte in den letzten Jahren ihres Bestehens bei den Mitgliedern der Abschlussprüferaufsichtskommission (APAK) in der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) nicht feststellen können. Dafür folgte einer besonders kreativen Sprache die kreative Buchführung nach.

1.500 EUR für vier Stunden + 1 Min. Anwesenheit in einer Beiratssitzung abzurechnen und dies als „unentgeltliche Ehrenamtlichkeit“ zu deklarieren ist wohl eher das Gegenteil von Ehrenamtlichkeit. Ist es da verwunderlich, wenn hinterfragt wird: Ist die APAK-Mitgliedschaft noch ein Ehrenamt oder besteht schon Korruptionsverdacht? Diese und ähnliche Fragen stellten sich die kritischen wp.net-Beiräte der WPK, wenn ihnen jedes Jahr die APAK-Zahlen vorenthalten wurden.

Kein Wunder also, dass in den letzten Jahren finanzielle Fehlbeträge ein ständiger Begleiter des APAK-Haushalts war. Betrug das Defizit 2013 noch rund 600.000 EUR, verdoppelte sich der Fehlbetrag bis 2015 auf über 1,3 Millionen EUR.
Die Wirtschaftsprüferkammer setzte als Medizin gegen die von den wp.net-Beiräten vermutete Geldverschwendung nicht die Überprüfung, sondern die „kreative Buchführung“ ein. Dabei bleiben zwar die Ursachen bestehen, jedoch ist die Defizit-Krankheit „finanzielle Misswirtschaft“ im Jahresabschluss nicht mehr ersichtlich.

 

Beirat segnet ab!

Die Kreativität zum buchhalterischen Verlustausgleich zeigte sich uns dadurch, dass ein Teil der noch nicht fälligen Beiträge des Folgejahres bereits ein Jahr vorher als Forderung gegen die Beitragsgemeinschaft „319a-Prüferpraxen“ (Prüfer gelisteter Unternehmen) als Erlöse eingebucht wurde.

Begründung: Die Prüferaufsicht hätte bereits Leistungen erbracht, die noch nicht im Beitrag 2013 enthalten waren, weil sie von der APAK zu niedrig geplant wurden. Die Mehrkosten 2013 für die Aufsicht sind deswegen noch im alten Beitragsjahr als Beiträge „Spartenfehlbetragsausgleichsposten“ zu erfassen. Damit erreichte diese "Forderung an Unbekannt" auch mediale Aufmerksamkeit. Das Handelsblatt schrieb am 15. Juli 2014: „600.000 Euro einfach weggebucht. Die Wirtschaftsprüferkammer färbt offenbar ihren eigenen Jahresabschluss schön.“

Da sich im Parlament der WPK immer wieder Mehrheiten für diese kreative Buchführung fanden, gab es mit der „kreativen Buchführung“ Fortsetzungsfolgen. Wegen nicht verstummender Kritik wurde den Beiräten 2016 das sog. „Hommel-Gutachten“ vorgelegt, welches es scheinbar in zwei Versionen gab. Einmal mit und einmal ohne Unterschrift. Der Abschlussprüfer ließ sich vom Gutachten - ohne eigene kritische Auseinandersetzung - überzeugen und gab den Jahresabschlüssen 2013 bis 2015 jeweils sein uneingeschränktes Testat. Doch 2016 gab es für die kreative Buchführung 2015 keine Mehrheit mehr im Beirat, u. a. weil 30 Prozent aus den Reihen der Regierungsbeiräte der Sitzung ferngeblieben waren.

 

Gebührenordnung versus Beitragsordnung

Die Wirtschaftsprüferkammer holt sich die Aufsichtskosten über eine Beitragsordnung und keine Gebührenordnung, wie von § 61 Abs. 1 WPO vorgesehen. Die WPK hatte sich 2007 bewusst gegen die von der WPO vorgesehene Gebührenordnung und für eine Beitragsordnung entschieden. Der 319a-Prüferbeitrag setzt sich aus einem pauschalen Fixum pro Abschlussprüfung (zum damaligen Zeitpunkt 1.600 EUR) und einem honorarabhängigen Beitrag von 4,60 EUR pro 1.000 EUR Umsatz zusammen.
Die Beitragsermittlung beruht damit nicht auf einer verursachungsgerechten Kostenumlage. Damit braucht die WPK, Sparte APAK, keine Kostenrechnung führen.

Keine Beitragsforderung ohne Bescheid!

Beiträge stellen keine Gegenleistung für besondere Einzelleistungen dar. Die gesamten Aufsichtskosten können mit einem verursachungsfremden, sogar auch willkürlichen Schlüssel, auf die Gesamtheit der 319a-Prüfer verteilt werden. Dies geschah am Anfang der Sonderuntersuchung mit der Praxispauschale pro 319a-Prüfung.

Die jährliche Bescheidung erfolgte unabhängig davon, ob eine Sonderuntersuchung stattfand oder nicht. Da bekanntlich nur ein Drittel der Prüferpraxen jährlich geprüft werden, rund zwei Drittel der Praxen also für zwei Jahre Beiträge ohne die Gegenleistung einer Sonderuntersuchung zahlen, dürfte einsichtig sein, dass die Beitragsordnung weder das Individualprinzip, noch das Kostendeckungsprinzip vorsieht, von denen das Gutachten spricht.

 

Forderung ohne Schuldner und ohne Nachforderungsanspruch nicht bilanzierungsfähig

Die WPK hat für die Forderung „Spartenfehlbetragsausgleichsposten“ auch keinen Schuldner. Die 319a-Prüfer der Beitragsgemeinschaft sind weder Gesamtschuldner, noch eine Haftungsgemeinschaft für die Kosten der Aufsicht. Schuldner sind nach der Beitragsordnung die relevanten 319a-Prüferpraxen. Diese Praxen haben längst ihre Beitragsschuld aufgrund der Beitragsordnung beglichen. Weitere Forderungen bestehen nicht, denn Nachberechnungen oder Beitragsberichtigungen bei Unterdeckungen sieht die Beitragsordnung nicht vor.

Um eine (fiktive) Forderung gegenüber den § 319-Prüfern einzubuchen, fehlt es nach unserem Bilanzierungsverständnis sowohl am Schuldner, als auch am Rechtsanspruch. Vielmehr muss konstatiert werden: Die APAK hat gegen elementare Haushaltsgrundsätze und damit auch gegen die Kammersatzung verstoßen.

Bei einem Finanzloch im Jahr 2015 von über einer Million EUR hat wohl auch die Rechtsaufsicht versagt, die immer behauptet, die Ausgaben erst nach Prüfung des APAK-Budgets genehmigt zu haben. Die jahrelange unvollständige Ausgabenplanung bei der APAK belegt eher, dass man wohl bewusst gegen das Haushaltsrecht verstoßen hat.
Auch bei falscher Ausgabenplanung sieht die Beitragsordnung keine Nachforderungen vor. Über schlechte Ausgabenplanungen muss der Beirat unterrichtet werden.

Die WPK hatte also weder einen zivilrechtlichen, noch aufgrund der Beitragsordnung einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, Beiträge des Folgejahres, also Forderungen ohne Rechtsgrundlage, an die 319a-Prüfergemeinschaft zu aktivieren. Wenn dies zutreffen würde, wäre es nur logisch gewesen, die betroffenen 319a-Prüferpraxen über die erforderlichen Rückstellungen für nachlaufende Beiträge zu informieren.

Asymmetrisches Imparitätsprinzip der Wirtschaftsprüferkammer

Gutachter bucht Forderung ohne Schudner.

Das „Hommel-Gutachten“ will durch die aktuelle Beitragsordnung belegen, dass für die WPK ein Anspruch (Forderung) auf Spartenfehlbetragsausgleich besteht. Der Beitrag werde nach gebührenrechtlichen Grundsätzen festgesetzt. Damit bewegt sich der Gutachter nicht im § 2 Nr. 2 der Beitragsordnung, sondern er bedient sich einer kreativen Fiktionstheorie.
Aufbauend auf dieser Fiktion, denn um nichts Anderes handelt es sich wohl, zieht der Gutachter verfassungsrechtliche Grundsätze aus der Schublade, wie den Kostenausgleich, die Verursacherbezogenheit und die Periodengerechtigkeit der Gebührenerhebung. Diese Überlegungen sind als Themaverfehlung einzuordnen, denn auch seine „fiktiven“ Verfassungsgrundsätze zum Gebührenrecht haben mit der aktuellen Rechtslage (Beitragsrecht) nichts gemein. Auch das Grundgesetz nennt diese Grundsätze nicht.

Argumentation des Gutachters bewegt sich abseits der Realität.

Die Argumente des Gutachters sind deswegen eher Fiktion, oder als ein Appell an den Gesetzgeber zu verstehen, eine Gebührenordnung verbindlich zu erlassen. Die WPK hat sich bewusst für die Kostendeckung mittels einer Beitragsordnung und gegen die Gebührenordnung entschieden. Dass die Betragsordnung für die Sonderuntersuchung der APAK vom Gutachter als Gebührenordnung ausgelegt wird, ist nach unserer Meinung auch nicht durch die Freiheit der Lehre der Wissenschaft gedeckt.

Erstaunlicherweise wirft der Gutachter der Wirtschaftsprüferkammer nicht den Verstoß gegen den Gesetzgeberwillen vor. Diesen Verstoß hätte er aber ansprechen müssen, um bei seiner Argumentation zu bleiben. Der Gesetzgeber hat in § 61 WPO eine Gebührenordnung vorgeschrieben, die WPK hat sich aber davon abweichend, für eine Beitragsordnung entschieden.

Der Gutachter erkennt richtig, dass der Ausgleich einer früheren Unterdeckung dem Gebührenrecht und erst recht dem Beitragsrecht fremd ist. Trotz dieser Erkenntnis verlässt der Gutachter das sichere und eindeutige Gebiet des Beitragsrechts und Bilanzrecht und kommt mittels Fiktion zu dem wohl gewünschten Ergebnis, dass die Aktivierung eines internen Spartenfehlbetragsausgleichspostens im Einklang mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) stehen würde. Die Beiratsschuld des 319a-Prüfers entsteht erst mit Beginn des Beitragsjahres.

Wo keine Schuld besteht, gibt es auch keine Forderung!

Die erfolgswirksame Verbuchung des Spartenfehlbetragsausgleichspostens ist ein Vorgriff auf das nächste Beitragsjahr und damit nicht mit dem Beitragsrecht vereinbar. Deswegen müssen die Beitragsschuldner (319a-Prüfer) für diesen Vorgriff auch keine Kosten zurückstellen. Wo aber schon keine Schuld entstanden ist, kann erst recht keine Forderung entstanden sein. Dieses Regel entsteht für uns durch die Anwendung des asymetrisches Imparitätsprinzips, oder im Volksmund auch unter "kreativer Buchführung" bekannt.

Der Ausgleichsposten dient der Vor-Finanzierung der APAK-Fehlbeträge durch die WPK-Beitragsgelder. Dieser bedenkliche Griff der APAK in die WPK-Beitragskasse hat keine bilanziellen Auswirkungen, schon gar keine ertragswirksamen. Es gibt keinen bilanziellen "Schuldner APAK“ im Beitragsrecht, die APAK ist nur eine interne Sparte der WPK. Interne Forderungen gegen Sparten gehören nicht in den externen Jahresabschluss.

Asymmetrisches Imparitätsprinzip

Danach braucht der „Schuldner“ mit einer Verpflichtung, Budgetunterdeckungen an die APAK nachzuzahlen, keine Vorsorge durch Bildung einer Rückstellung treffen. Gleichzeitig darf der spätere Gläubiger die Nachforderungen bereits im alten Jahr pauschal als Forderung/Ertrag bilanzieren. Auch aus der IFRS-Welt ist uns dieses Bilanzierungsprinzip nicht bekannt.